Die Schweizerische Irrengesetzgebung Ende des 19. Jahrhunderts und der Fall La Roche

Aufgearbeitet anhand der Unterlagen des Leiters der Privatirrenanstalt Bellevue in Kreuzlingen Robert Binswanger.

Autorin: Julia Anne Würthner

Ende des 19. Jahrhunderts wurde in weiten Kreisen des deutschsprachigen Raumes aus unterschiedlichen Beweggründen nach einer gesetzlichen Regelung des “Irrenwesens” verlangt. Dabei ging es einerseits um das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung, andererseits aber auch um den Schutz geistig gesunder Personen vor einer widerrechtlichen Internierung in eine Irrenanstalt.
So war es nicht zuletzt in Mode, zum Beispiel bei Erbschaftsstreitigkeiten wie in dem hier beschriebenen Fall der Julie La Roche, seine nicht den Werten der damaligen Gesellschaft entsprechenden Kinder mit der Diagnose der “moral insanity”, des moralischen Schwachsinns, zu versehen. Diese Diagnose genügte, um eine Person teils lebenslang in einer Irrenanstalt zu verwahren.
Diese Arbeit gibt einen Überblick über die zur damaligen Zeit in den Ländern Schweiz, Deutschland und Österreich bestehenden gesetzlichen Regelungen und Änderungsbestrebungen des Irrenrechts. Konnte ein Gesetz nach schweizerischem Vorbild ungerechtfertigte Einweisungen und Missbrauch verhindern? Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang diagnostische Unsicherheiten, zum Beispiel bei der Diagnose des moralischen Schwachsinns?
Julie La Roches spektakuläre Lebensgeschichte wirft Fragen auf, die auch heute nichts von ihrer Aktualität verloren haben.