Macht – Zwang – Sinn

Subjektives Erleben, Behandlungsbewertungen und Therapieerfolge bei gerichtlichen Unterbringungen schizophrener Menschen.

Autor: Volker Pieters

Institutionelle Gewaltanwendungen wie richterliche Unterbringungen, Fixierungen, Isolierungen und Zwangsmedikationen sind nach wie vor relativ häufige Ereignisse in der stationären psychiatrischen Behandlung. In Deutschland erfolgt jährlich etwa jede zehnte Klinikeinweisung (also insgesamt etwa 60.000) gegen den Willen der Betroffenen und unter juristischer Absicherung durch einen Gerichtsbeschluss.
Volker Pieters hat in seiner Dissertation nach der subjektiven Dimension von Zwangsmaßnahmen geforscht und dafür betroffene Patientinnen und Patienten einer psychiatrischen Klinik befragt. Drei Dimensionen interessierten ihn dabei besonders:
· Bewältigungsstrategien bei gerichtlichen Unterbringungen
· Akzeptanz der unfreiwilligen Behandlung und Zufriedenheitsurteile
· Kurz- und längerfristige Behandlungserfolge
Entgegen der weitläufigen Meinung, akut schizophren erkrankte Menschen seien nicht mehr Herr ihrer Sinne, stellt der Autor fest, dass Zwang in der Behandlung schizophren Erkrankter therapeutisch nur dann Sinn macht, wenn er sich auf Kommunikation, Beziehung und Kenntnis der Vorgeschichte stützt. Die Betroffenen nahmen – auch in der akuten Phase – sehr genau wahr, in welchem Ausmaß ihnen Fairness und Respekt entgegengebracht wurde und in welchen Punkten ihre Autonomie übermäßig eingeschränkt wurde.
Der Autor entwickelt Konzepte, in denen es um die Überwindung des Erlebens von Machtlosigkeit, erlernter Hilflosigkeit, Entfremdung und Kontrollverlust geht – durch die Aktivierung von Kompetenzen, Selbstbestimmung und Selbstgestaltungskräften.

Rezensionen

Norbert Konrad in Recht & Psychiatrie: Das Buch ist uneingeschränkt zu empfehlen. Es verbindet den Vorzug eines Versuchs einer sauberen empirischen Untersuchung mit Einblicken in die Klinikpraxis, bei denen der subjektiven Sichtweise der Patienten offenbar wesentlich größeres Gewicht beigemessen wird als im psychiatrischen Alltag.

Andreas Spengler in Sozialpsychiatrische Informationen 3/2005: Der Leser gewinnt einen direkten Einblick, und vor allem kommen Betroffene zu Wort. Dabei wird ein kritisches, zugleich aber differenziertes und sachliches Abbild der Praxis gezeigt, einschließlich der behördlichen und justiziellen Abläufe.